Das war jetzt nicht wirklich meine erste Priorität: etwas zum Prioritätenkatalog des sogenannten "Kompetenzzentrums Internetgesellschaft" zu schreiben. Eigentlich wollte ich ja nur den Ministerratsvortrag, aber das Bundeskanzleramt hat mir diesen auf meine Anfrage hin nicht übermittelt, sondern
bloß mitgeteilt, "dass die Rundfunk und Telekom
Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) die Ressorts und Organisationen bei der Umsetzung der Projekte unterstützt und Ansprechpartner für das Kompetenzzentrum Internetgesellschaft ist. Der Maßnahmenkatalog ist auf der Website der RTR-GmbH unter folgendem Link abrufbar: http://www.rtr.at/de/komp/Prioritaetenkatalog."
Das ist doch bemerkenswert: ob "
IKT-Masterplan" des BMVIT, ob "
Internet-Offensive" einer diffusen "Stakeholder"-Gruppe, oder ob "Kompetenzzentrum Internetgesellschaft" der Bundesregierung (sorry, kein link: eine Website gibt's nicht) - ganz egal welche Initiative gerade durchs virtuelle Dorf getrieben wird (und ganz egal, wie virtuell die Initiative selbst sein mag), zum Schluss landet die Arbeit offenbar irgendwie immer bei der RTR. Fast könnte man sich fragen, wofür dann die ganzen
Lobbyisten bezahlt werden, wenn die Arbeit letztlich doch wieder bei einer staatlichen Einrichtung landet (andererseits: vielleicht ist gerade das der Erfolg der Lobbyisten).
Aber nun zum KoZIG (ich weiß, dass als offiziöse Abkürzung "KIG" verwendet werden soll, aber irgendwie gefällt mir KoZIG besser). Vor mehr als einem Jahr wurde die Einrichtung beschlossen, im damaligen Ministerratsvortrag wurden folgende "operative Ziele und Aufgaben" benannt:
- "Erarbeitung einer klaren Priorisierung der notwendigen Schritte im Bereich IKT in Österreich, insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse, die im Rahmen der 'Österreichischen Internetoffensive' und auf Grundlage des Ministerratsvortrages vom 5. März 2008 erarbeitet wurden, sowie auf der Basis des Regierungsprogramms für die laufende Legislaturperiode
- Für jeden Schwerpunkt im Rahmen der Priorisierung soll jeweils eine für die Umsetzung verantwortliche und alle Umsetzungsschritte koordinierende Institution oder ein anderer Teilnehmer des Kompetenzzentrums oder ein zuständiges Ressort sowie ein Rahmenzeitplan angeführt werden
- Erstellung von Studien, um breitere Entscheidungsgrundlagen in Fragen der IKT-Politik zu erreichen
- Für die Sichtbarkeit ist eine laufende Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam mit der IKT-Wirtschaft sicherzustellen."
Ebenfalls nach diesem Ministerratsvortrag aus em Februar 2010 sollte das KoZIG der Bundesregierung jährlich einen Bericht über Maßnahmen auf Basis des letzten Prioritätenkatalogs sowie darüber hinaus gesetzte Maßnahmen, über einen aktualisierten Prioritätenkatalog, sowie einen grundsätzlichen Bericht zum Stand der IKT in Österreich vorlegen.
Zieht man ein Resümee nach gut einem Jahr, so kann man Folgendes zusammenfassen:
- Ein Prioritätenkatalog wurde erstellt (ob die Priorisierung klar ist, will ich lieber nicht kommentieren)
- Zumindest öffentlich ist die jeweils für die Umsetzungsschritte verantwortliche Institution nicht erkennbar
- Studien wurden nicht erstellt
- Eine laufende Öffentlichkeitsarbeit wäre mir nicht aufgefallen (wie in diesem Blog wohl belegt)
- Ein Bericht über Maßnahmen auf Basis des letzten Prioritätenkatalogs konnte mangels eines solchen wohl noch nicht gelegt werden
- Aber auch ein grundsätzlicher Bericht zum Stand der IKT in Österreich wurde offensichtlich nicht vorgelegt.
Der aktuelle Ministerratsvortrag listet knapp die Prioritäten auf und setzt dann so fort:
"Diese Maßnahmen werden im Einvernehmen mit den zuständigen Ressorts, allen bestehenden Strategien und Playern, der Wirtschaft bzw. allen Partnern des Kompetenzzentrums Internetgesellschaft Schritt füpr Schritt besprochen und in bestmögliche Umsetzung gebracht."
Der Prioritätenkatalog enthält - jedenfalls nach der
Veröffentlichung auf der RTR-Website - ausschließlich A-Prioritäten, gereiht von A1 bis A14, mit einer knappen Beschreibung, was man sich jeweils ungefähr darunter vorstellen könnte.
Die Aktion mit höchster Priorität ist übrigens die "Best Practise Plattform: iktprojekte.at" mit folgender Verheißung:
"Auf diese Plattform können Unternehmen ihre Leuchtturmprojekte einstellen und diese können von jedem gelesen werden." (Ist es kleinlich anzumerken, dass es im Wesen von echten "Leuchtturmprojekten" liegt, auch ohne weitere Website sichtbar zu sein? Oder seit wann sind Leuchttürme erst sichtbar, wenn sie auf einer Portalseite zusammengefasst werden?).
Selbst Peter F. Mayr schreibt in der Telekom-Presse
von einem "kümmerlichen Prioritätenkatalog" und weist zutreffend darauf hin, dass sich gleich zwei der 14 Prioritäten "mit Window-Dressing des NRI (Networked Readiness Index) befassen (A2: Tarifsituation im Index überprüfen; A12: Indexpflege)." Das könnte schon den Eindruck erwecken, als käme es mehr auf einen guten Platz im Ranking als auf die tatsächliche Verbesserung der Situation an - zumal auch der Rest des Prioritätenkatalogs nicht gerade übertrieben konkret wirkt. Ich habe den Prioritätenkatalog jedenfalls
schon einmal so zusammengefasst (Originalzitate):
Plattform, best practise Beispiele, Leuchtturmprojekte, Strategie, Kooperationen, Modelle entwickeln, Maßnahmen zur Optimierung ergreifen, Weiterentwicklung sicherstellen; Veranstaltungen, Workshops, Initiativen starten; attraktive und originelle Beispiele realisieren; zu lukrierende Potenziale erheben; Strategie definieren; umfassendes Informations- und Transaktionsportal bereitstellen; Arbeiten transparenter gestalten, stärker koordinativ auftreten; Website erstellen; Motivation und Unterstützung der Implementierung von innovativen Dienstleistungsprojekten, insbesondere in forschungsaffinen Unternehmen.